Baujagdunfall - Kurzfassung 

 

 

     

Andere gehen
anders damit um.

  Zum gesamten Vorgang 

 

   


So weit mir bekannt, ist dies das erste Urteil über die Tötung eines Hundes bei der Baujagd durch einen unachtsamen Schützen.
                                                      
   Die wichtigsten Sätze:  

                                                                                             
Wenn der Beklagte auf die Katze zielte und den Hund traf, kann er die erforderliche Sorgfalt nicht eingehalten haben, wenn er den Hund nicht gesehen hat.
Denn entweder hatte er keine freie Sicht oder er hat den Hund in der Aufregung übersehen.
Der Ersatzanspruch ist nicht durch ein etwaiges Handeln auf eigene Gefahr gemindert.
Der Beklagte hat mit seiner Teilnahme an einer Baujagd die Besonderheiten einer Baujagd akzeptiert.
Dies erfasst insbesondere den Umstand, dass den aus dem Bau getriebenen Tieren ein Hund nachfolgt und dieser Umstand bei der Abgabe des Schusses auf das zu jagende Tier Berücksichtigung finden muss.
Wenn der Jäger trotzdem schießt, übernimmt er auch das Risiko der Haftung für eine Fehleinschätzung der Situation.
Die Freistellung von einer Haftung käme einer Freigabe der Jagdhunde zum Abschuss gleich.

 

   

 

 

   


H
ätte die Versicherung gleich bezahlt, hätte sie 2750 € ausgeben müssen. Ohne eigene Anwaltskosten musste sie jetzt fast 9000 € bezahlen. 
                                     

   

 

 

Am Tag nach dem Unfall, der Antrag auf Schadensersatz. 

 

 

Bericht der Baujagd am 13.2.04 in U........  

Mit 6 Jägern haben wir an diesem Morgen Bauten kontrolliert. Im Kunstbau, weit ab jeglicher Bebauung, war eine Katze. Sie kam sofort aus dem Bau, als Cesar eingeschlieft war. In einem Graben, der stark bewachsen war, lief sie auf L.... zu. Herr L..... schoss auf die Katze, verfehlte sie aber. 

Da der Hund im Schilf hinter der Katze aus dem Bau gekommen war, wurde er im Brustbereich von einem Randschrot oder einem abprallenden Schrotkorn getroffen. Er wurde sofort zu einer Tierärztin gebracht. Sie konnte nur noch den Tod feststellen.

 

Die Zeugen werden aufgeführt und die Daten des Hundes mitgeteilt.

 

 


Die Formulierung "Abpraller" wurde aus zwei Gründen gewählt :

Für den Schützen ist das Wort nicht so belastend, wer will in so einer Situation davon sprechen, dass der Hund statt der Katze voll getroffen wurde. Es konnte auch kein Bruch von Gliedmaßen festgestellt  werden. Wie bei einem Schrotschuss üblich, war eine Verletzung von außen kaum feststellbar, nur an einer Stelle am Brustkorb war ein kleiner Einschnitt erkennbar, wie sie beim Eindringen eines Schrothagels vorkommt.

Der Hund wurde im Garten, eingewickelt in ein Betttuch, unter großen Steinen begraben.
 

 

 


Antwort der Versicherung  am 10.3.2004
 

Sehr geehrter Herr Janssen,

zwischenzeitlich sind unsere Ermittlungen abgeschlossen.

Diese haben ergeben, dass sich Ihr Hund zum Zeitpunkt des Schusses in einem von Ried bewachsenem Graben befand.

In diesem Graben konnte der Hund von unserem Versicherungsnehmer nicht gesehen werden, auch mußte nicht damit rechnen das sich der Hund dort befand.

Eine Verschulden und somit eine Haftung unseres Versicherungsnehmers können wir somit nicht erkennen.

Ihre Ansprüche weisen wir als rechtlich unbegründet zurück.
 

 


Antwort am 12.3.04
 

Sehr geehrter Herr .........., ich bitte Sie, Ihre Entscheidung zu diesem Schadenfall zu überdenken. Ich bin der Ansicht, dass ein Anspruch auf Entschädigung vorliegt.

Ich behalte mir daher das Recht vor, gegebenenfalls einen Rechtsbeistand einzuschalten und meinen Anspruch gerichtlich geltend zu machen. 

Ich hoffe auf eine positive Nachricht und außergerichtliche Einigung. 

Mit freundlichen Grüßen     C. Janssen      

 

 


Antwort  am 16.3.2004

Sehr geehrter Herr Janssen,

wir beziehen uns auf Ihr Schreiben vom 15.03.2004.

Wir möchten ausdrücklich betonen, daß wir an unserer Rechtsauffassung festhalten.

Selbstverständlich haben auch wir keine Interesse an einer gerichtlichen Auseinandersetzung, da der Ausgang für beide Parteien eher ungewiss ist.

Aus diesem Grund sind wir bereit ohne weitere Prüfung pauschal einen Betrag von 1.100,- Eur zur Verfügung zu stellen.

 


Antwort am 22.3.2004
    

Der Vergleich wird nicht akzeptiert. 
 

 


Antwort am 6.4.2004

Sehr geehrter Herr Janssen,

zwischenzeitlich haben wir in Erfahrung gebracht, daß Ihr Hund von einem abgeprallten Schrotkorn getötet wurde.

Für das Abprallen des Schrotkornes ist unser Versicherungsnehmer jedoch nicht verantwortlich so daß wir keine Haftung erkennen können.

Das Abprallen des Schrotkornes und die Folgen d. h. das Töten Ihres Hundes ist vielmehr auf das unglückliche Zusammenspiel mehrere Faktoren zurückzuführen.

Ihre Ansprüche lehnen wir als rechtlich unbegründet zurück.
 

 


Dass der Hund eventuell nur von einem Abpraller getötet wurde, ist seit der ersten Schadensmeldung der Versicherung bekannt.

Am 8.April beauftrage ich einen Rechtsanwalt, der die Klage einreicht.

 

 


Am 2.8.2004 findet vor dem Amtsgericht eine Güteverhandlung statt. In einem Schriftsatz äußert sich die Versicherung am 7.7.2004 wie folgt      (In Auszügen) :
 

 


Das Gericht soll die  Klage kostenpflichtig abzuweisen.
Begründung:

Soweit der Kläger vorträgt, daß der Beklagte am 13.02.2004 zusammen mit dem Kläger an einer Fuchsjagd teilnahm, trifft dies zu. Es trifft weiter zu, daß der Beklagte auf eine sich im Fuchsbau befindliche Katze geschossen hatte, die durch einen Hund des Klägers, der in den Fuchsbau eingeschlieft war herausgetrieben wurde.

Mit Nichtwissen muß jedoch bestritten werden, daß der Hund des Klägers durch eine abgeprallte Schrotkugel, die aus der Waffe des Beklagten stammte getötet wurde. Richtig ist zwar, daß vorgerichtlich durch den Haftpflichtversicherer des Beklagten davon ausgegangen wurde, daß eine abgeprallte Schrotkugel die Ursache für das Verenden des Hundes war. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, daß nur eine oberflächliche Untersuchung des Hundes stattgefunden hatte. Eine Einschußstelle wurde weder durch die an der Jagd beteiligten Zeugen noch durch die Parteien selbst vorgefunden.

Der Hund wurde dann zu einer Tierärztin verbracht, die zwar den Tod feststellte, nicht aber die Todesursache. Es wurden keinerlei Röntgenaufnahmen gefertigt, es wurde dem Tierkadaver auch keine Schrotkugel entnommen.

Zwar wurde eine leichte Verletzung des Hundes am Brutkorb festgestellt, ob dies aber eine Schußverletzung oder ein Kratzer war, wurde nicht untersucht. Es steht somit schon gar nicht fest, ob eine abgeprallte Schrotkugel die Todesursache war. Immerhin war das getötete Tier schon 81/2 Jahre alt. Die Lebenserwartung eines Dackels beträgt ca. 10 Jahre. Somit kommt auch ein Herzversagen des Hundes in Betracht, Die Behauptung des Klägers, eine aufgrund des Schusses des Beklagten abgeprallte Schrotkugel sei ursächlich für das Verenden des Tieres ist somit reine Mutmaßung, die nicht bewiesen ist.

 

 


Am 28 Juli,
5 Monate nach dem Unfall, zweifelt die Versicherung die Todesursache an. Somit kommt auch Herzversagen in Betracht. Es drängt sich doch der starke Verdacht auf, dass diese späte Betrachtungsweise nur aus dem Grunde kommt, das stark angenommen werden kann, dass der Hund als Beweismittel zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vorhanden ist. Eine Versicherung die ja oft mit diesen Problemen konfrontiert wird, hätte doch bei der Schadensmeldung darauf hinweisen müssen, das der Hund für weitere Untersuchungen sichergestellt werden sollt. Das Gegenteil ist der Fall. Zu Anfang geht die Versicherung davon aus, dass eine abgeprallte Schrotkugel die Ursache ist.   
 

 


Mitte Oktober wird versucht, ob eine vorläufige Bergung des Hundes nicht erfolgen darf.  Anfang November ist der Hund seit über 8 1/2 Monaten in der Erde.

Nach etlichen Telefonaten gelingt es, dass Gericht zu der Zustimmung einer vorläufigen Obduktion und Sicherstellung des Beweises zu bewegen. Ende Oktober trifft die Erlaubnis ein, am Tag danach wir der Hund im Beisein einer Tierärztin ausgegraben und später am 26.1.2005 zur Pathologie in Hannover gebracht.

 

 


Zusammenfassung der Ergebnisses der Pathologie:

Auf Grund der vorliegenden morphologischen und röntgenologischen Untersuchungsbefunde ist es wahrscheinlich, dass es sich bei dem obduzierten Hund um den streitgegenständlichen Dackel „Nimrods Cesar" handelt.

Im Tierkörper wurden neun Schrotkugeln gleicher Größe nachgewiesen. Nur bei einer Kugel wurden perifokale, möglicherweise vitale Reaktionen nachgewiesen, die durch einen Beschuss unmittelbar vor dem Tod des Tieres entstanden sein könnten. Die Topographie der einzelnen Kugeln lässt eine unmittelbare und direkt tödliche Schußwirkung unwahrscheinlich erscheinen, jedoch kann unter der Annahme eines Beschusses eine konsekutive, letal verlaufendes Herz Kreislaufversagen nach Schußtrauma nicht ausgeschlossen werden.

Im Herzbeutel des Hundes wurden chronische Veränderungen festgestellt, deren Ursache(n) nicht ermittelt werden konnten. Diese Erkrankung könnte pathogenetisch die vorliegenden chronischen Leberveränderungen infolge eines Hochdruckes im großem Kreislauf erklären. Die Herzbeutelerkrankung muss für den Tod des Tieres als zumindest disponierender Faktor in Betracht gezogen werden, da sie bei einem Beschuß und/oder bei einer jagdlich bedingten, körperlichen und psychischen Belastung den Eintritt in ein tödlich verlaufendes Herz Kreislaufversagen begünstigen könnte. Das chronische Leberleiden per se besitzt für den spontanen akuten Exitus des Tieres keine Relevanz.
 

 

 


Nach einer zwei weiteren Verhandlungen, einem Ergänzungsgutachten und einer Wertermittlung des Hundes wird folgendes Urteil gesprochen:
 

 

 

1.) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2750 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.06.2004 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. 

2.) Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. 
 

 

 


Am 27.11.2006 wird Berufung eingelegt.
 

 

 


Das Landgericht Aurich antwortet :

beabsichtigt die Kammer, die Berufung durch nicht anfechtbaren, einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Unter anderem werden folgende Gründe aufgeführt:

Das Amtsgericht hat nach umfassender Beweisaufnahme festgestellt, dass der Beklagte mit seinem Schrotschuss auf eine Katze den Hund des Klägers traf, dass der Beklagte dabei fahrlässig handelte, da er keine freie Sicht haben konnte, und dass der erlegte Hund einen Wert von 2.750,00 € hatte.

Es steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Beklagte mit seinem Schuss auf eine Katze den Hund des Klägers getroffen hat. Denn der Beklagte hat einen Schuss in Richtung auf einen Hund abgegeben, der vorher keine Schussverletzung aufwies und unmittelbar hinter der Katze herlief. Nach dem Beschuss hatte der Hund Cesar 9 Schrotkugeln im Körper.

Es ist für die Kammer auch nachvollziehbar und daher nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht aufgrund der Umstände zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Beklagte fahrlässig handelte, als er den Hund des Klägers traf. Nach dem unstreitigen Vorbringen in der ersten Instanz folgte der Hund unmittelbar der flüchtenden Katze. Die Kammer geht auch davon aus (s.o.), dass der Schrotschuss den Hund traf. Der Hund musste also bereits den Bau verlassen haben, als der Schuss abgegeben wurde. Wenn der Beklagte auf die Katze zielte und den Hund traf, kann er die erforderliche Sorgfalt nicht eingehalten haben, wenn er den Hund nicht gesehen hat. Denn entweder hatte er keine freie Sicht oder er hat den Hund in der Aufregung übersehen.

Der Ersatzanspruch ist nicht durch ein etwaiges Handeln auf eigene Gefahr gemindert. Eine entsprechend rechtzeitiger Hinweis des Amtsgerichts hätte keine andere Entscheidung nach sich ziehen können. Der Beklagte hat mit seiner Teilnahme an einer Baujagd die Besonderheiten einer Baujagd akzeptiert. Dies erfasst insbesondere den Umstand, dass den aus dem Bau getriebenen Tieren ein Hund nachfolgt und dieser Umstand bei der Abgabe des Schusses auf das zu jagende Tier Berücksichtigung finden muss. Wenn der Jäger trotzdem schießt, übernimmt er auch das Risiko der Haftung für eine Fehleinschätzung der Situation. Die Freistellung von einer Haftung käme einer Freigabe der Jagdhunde zum Abschuss gleich.
 

 

 


Am 5.2.2007

nimmt der Beklagte

die Berufung vom 13.11.06 gegen das Urteil des Landgerichts Norden vom 02.10.06 - 5 C 491104 - zurück.

 

 

 


Es sind drei Jahre bis zur endgültigen Klärung vergangen.

 

 

 

 

 

Jagdunfall, was ist zu beachten, wenn ich Schadenersatz geltend machen will. 

Die Sachlage ist möglichst genau zu schildern und Beweisstücke sind zu sichern.  

In diesem Fall hätte der Hund sofort geröntgt und die Identität an Hand der Tätowierung  bestätigt werden müssen. Auch dann sollte der Hund bis zum Abschluss der Schadensregulierung besser eingefroren werden.  

Nicht mit dem Unfall so innerlich Beschäftigte sollten sich sofort oder am nächsten Tag hinsetzen und den genauen Hergang protokollieren und unterschreiben.

Dabei ist es wichtig, die richtige Wortwahl zu benutzen.

Wenn gleich gesagt worden wäre: Der Hunde wurde von der Schrotgarbe getroffen und auch der Verursacher hätte diesen Tatbestand sofort zugegeben, dann wird es viel eher zu einer Regulierung kommen.

Auf keinen Fall verliert der Verursacher seinen Versicherungsschutz, wie oft angenommen, wenn er zu dem steht, was er gemacht hat. Er ist sogar verpflichtet, die Wahrheit zu sagen. 

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat den Haftpflichtversicherungsschutz eines Jägers abgelehnt. Er habe seine Versicherung über den Schadenshergang getäuscht. Deshalb sei unerheblich, ob dies überhaupt zu einem konkreten Nachteil für den Versicherer geführt hat oder ob der wahre Schadenshergang auch vom Versicherungsschutz erfasst worden wäre (Urt. v. 06.06.2013, Az. 12 U 204/12).